
Marius Neset, der skandinavische Michael Brecker, ist spieltechnisch bekanntlich ein Saxofonist der Extraklasse. Auch als Komponist geht er, wie man weiß, gerne in die Vollen und schreibt für Bigband, Sinfonieorchester oder drei Ensembles auf einmal. Im Frühjahr veröffentlichte er sein neues Album "Cabaret", das er mit einem Quintett aufnahm - mit gleich zwei Pianisten in der Band. Der eine, Magnus Hjorth, spielt das Piano, der andere, Elliot Galvin, muss mithilfe der Elektronik ein ganzes Orchester ersetzen. Am heutigen Abend tritt das Ensemble als Quartett auf, Elliot Galvin übernimmt gleich beide Instrumente. Das Quintett- bzw. Quartettformat mag für Nesets Verhältnisse bescheiden wirken – seine Musik ist es gewiss nicht. Der Albumtitel „Cabaret“ gibt ihm die Narrenfreiheit, einen Mega-Musikzirkus zu inszenieren, einen surrealen, frenetisch überdrehten Eklektizismus-Bombast. Da purzeln die Rhythmen und Tempi übereinander, da werden musikalische Ereignisschichten gestapelt, da werden die Stilzitate wild verrührt – das alles hypernervös und überdreht. Vorhersehbar ist hier nichts. Seine Musik ist mit Zitaten und Anspielungen gespickt, die unter anderem an Joe Zawinuls weltmusikalische Fusion, Chick Coreas Band „Return To Forever“ sowie Wendungen von Frank Zappa und natürlich an Floskeln und Formen der Zirkus- und Kabarettmusik erinnern. Mit seiner immensen Ausdrucks- und Nuancierungsskala auf Tenor- und Sopransaxofon sowie einem Electronic Wind Instrument (EWI) findet Neset immer eine passende emotionale Stimmungsnuance, wobei die Spanne vom tradierten, warmen Ton auf dem Tenorsaxofon bis zu eruptischen Klangstößen, flirrenden Passagen und elektronischen Sounds des EWI reicht.
Marius Neset, t & s sax Elliot Galvin, p, keys Conor Chaplin, b Anton Eger, dr, perc